Familie Max und Else Rosenberg

Text: Doris Schwarze-Franke

Die Familie Max und Else Rosenberg ist die zweite von drei jüdischen Familien, die nach den hannoverschen Adressbüchern von 1940 und 1941 in der Minister-Stüve-Straße Nr. 2 gewohnt haben.
Der Kaufmann Max Rosenberg (* 1. Januar 1882) stammte aus dem ostpreußischen Schmalleningken (Kreis Ragnit). Der Ort am Ufer der Memel befand sich damals unmittelbar an der Grenze zum zaristischen Russland. Heute heißt er Smaleninkai und liegt im Westen Litauens.
Else Rosenberg, geb. Rosenblatt (* 7. Oktober 1899), war aus Lamspringe im Kreis Alfeld (heute Landkreis Hildesheim) gebürtig. Sie und ihr Ehemann Max haben dort lange Jahre gelebt. Auch die beiden Kinder Edith (* 4. Oktober 1927) und Werner (* 17. August 1929) wurden dort geboren.
Max Moses Rosenblatt, der Vater von Else, hat in Lamspringe in der Hauptstraße Nr. 22 ein Textilwarengeschäft betrieben. Max Rosenberg war im Geschäft seines Schwiegervaters wahrscheinlich Mitinhaber. Daran erinnerte sich später Elses Schwester Mally Goldschmidt, geb. Rosenblatt, die nach dem Ende des Nationalsozialismus ein Wiedergutmachungsverfahren anstrengt hat. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde das Textilwarengeschäft völlig zerschlagen und ausgeplündert. Der Rechtsanwalt Dr. F. Badt hat die Vorgänge anhand der Erinnerungen von Mally Goldschmidt mit Schreiben vom 18. Juli 1960 folgendemaßen geschildert:
„Die Waren wurden auf die Strasse geworfen, und die Bevoelkerung konnte sich nehmen, was sie wollte. Ein Einschreiten der Behoerden erfolgte nicht. … Fest steht, dass nach der ‚planmaessigen Aktion‘ die juedischen Bewohner von Lamspringe verhaftet und in das Gefaengnis nach Alfeld ueberfuehrt worden sind. Wohnung und Geschaeft blieben nach der Aktion offen und jedem Zugriff frei. Auch das war im Sinne der damaligen Machthaber.“
Unter den Verhafteten befand sich auch Max Moses Rosenblatt. Er emigrierte wenig später nach Palästina. Dort ist er am 19. Januar 1941 ohne vorherige Krankheit plötzlich verstorben.
Die Familie Rosenberg siedelte am 5. September 1939 von Lamspringe nach Hannover-Linden über. Die beiden Kinder Edith und Werner waren ab dem 9. Dezember 1938 in der Israelitischen Gartenbauschule Ahlem untergebracht. Die Eltern Max und Else Rosenberg mussten am 4. September 1941 in die Körnerstraße Nr. 24a umziehen. Das Gebäude war zwangsweise zu einem der hannoverschen „Judenhäuser“ umfunktioniert worden. In der Vermögenserklärung vom 13. November 1941 gab Max Rosenberg gegenüber dem Oberfinanzpräsidium Hannover als Beruf nach wie vor „Kaufmann“ an. De facto war er zu der Zeit als Arbeiter bei der Firma E. Hillegeist in der Ohestraße Nr. 3 beschäftigt.
Am 15. Dezember 1941 wurde die Familie Rosenberg von Hannover nach Riga ins Ghetto deportiert. Ebenso erging es den beiden anderen jüdischen Familien Plaut und Rosenhoff, mit denen sie 1940/41 gemeinsam in der Minister-Stüve-Straße Nr. 2 gewohnt hatten.
Die 45-jährige Else Rosenberg verstarb am 5. Dezember 1944 im KZ Stutthof, östlich von Danzig. Nur zwei Tage später, am 7. Dezember 1944 starb die 17-jährige Edith im selben Konzentrationslager. Max Rosenberg kam am 17. Februar 1945 im Alter von 63 Jahren im KZ Buchenwald um. Auch für Werner Rosenberg gab es kein Entkommen. Er wurde aus dem Ghetto von Riga in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert.
Die Namen der vier Familienmitglieder sind auf dem Mahnmal auf dem hannoverschen Opernplatz verzeichnet.


Quellen:
Jüdische Geschäftsleute in Linden, schriftliche Mitteilung der Landeshauptstadt Hannover – Fachbereich Recht und Ordnung – vom 27.10.2010 mit telefonischer Ergänzung vom 08.04.2011
Jüdische Geschäftsleute in Linden, schriftliche Mitteilung von Marlis Buchholz per e-mail vom 29.12.2010
Groß Rhüden / Lamspringe, von Almuth Lessing und Rüdiger Kröger, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Band I, herausgegeben von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel, Göttingen 2005, Seite 681-688Diehannoverschen Judenhäuser, Zur Situation der Juden in der Zeit der Ghettoisierung und Verfolgung 1941 bis 1945, von Marlis Buchholz, Verlag August Lax, Hildesheim 1987Niedersächsisches Landesarchiv – Hauptstaatsarchiv Hannover (NLA-HStAH), Signatur: Hann. 210 Acc. 2004/023 Nr. 182NLA-HStAH, Signatur: Nds. 110 W Acc. 105/93 Nr. 955Diverse Adressbücher der Stadt Hannover

Gedenkblatt Max Rosenberg Yad Vashem